12.04.2024 | Raumsonde Bepicolombo

Venus verliert Sauerstoff und Kohlenstoff

Ein internationales Forscher:innen-Team beschreibt in der Fachzeitschrift „Nature Astronomy“ neue Erkenntnisse über unseren Nachbarplaneten. Mit Hilfe von Beobachtungen der Raumsonde BepiColombo, an der auch das Institut für Weltraumforschung der ÖAW beteiligt ist, konnten in der magnetischen Umgebung des Planeten erstmals Kohlenstoff- und Sauerstoff-Ionen nachgewiesen werden.

Die Venus ist ein Planet ohne eigenes Magnetfeld und ist daher, anders als die Erde, dem Sonnenwind schutzlos ausgeliefert. © ESA/C. Carreau.

Unser Nachbarplanet Venus besitzt im Gegensatz zur Erde kein eigenes Magnetfeld. Daher interagiert der von der Sonne ausgehende Teilchenstrom, auch Sonnenwind genannt, direkt mit der Venus-Atmosphäre und beschleunigt dabei geladene Teilchen, die so in den Weltraum entweichen können. Frühere Messungen von Raumsonden wie Venus Express hatten bereits gezeigt, dass diese Ionen hauptsächlich aus Sauerstoff und Wasserstoff bestehen. Die Massenauflösung der damals verwendeten Instrumente reichte jedoch nicht aus, um zwischen Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff zu unterscheiden.

Sonde BepiColombo fliegt an Venus vorbei

Auf ihrem Weg zum Merkur braucht die Raumsonde BepiColombo Vorbeiflüge an Erde, Venus und Merkur selbst sowie ein solarelektrisches Antriebssystem, um gegen die gewaltige Anziehungskraft der Sonne letztendlich in die Merkurumlaufbahn einschwenken zu können. Am 10. August 2021 flog die Raumsonde zum zweiten und letzten Mal an der Venus vorbei, nur einen Tage nach Solar Orbiter. 

Bei dieser Gelegenheit näherte sich BepiColombo auf 552 Kilometer an die Oberfläche des Planeten an. Viele der Instrumente an Bord waren während des Vorbeiflugs aktiv und sammelten einzigartige Daten aus der Umgebung der Venus. Unter anderem entdeckte das Ionenmassenspektrometer einen Strom von niederenergetischen Kohlenstoff- und Sauerstoff-Ionen. „Dass diese Teilchen aus der Magnetosphäre der Venus stammen müssen, haben die Magnetfeldmessungen ergeben“, freut sich Koautor David Fischer, Mitglied in der Magnetometergruppe am Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). 

Die Entdeckung dieses Teilchenstroms liefert wichtige Informationen über die Zusammensetzung und die Dynamik der Magnetosphäre der Venus und könnte dazu beitragen, auch die bisherige und zukünftige Entwicklung ihrer Atmosphäre zu erklären. Die vom Planeten entweichenden Elektronen erzeugen ein elektrisches Feld, das vermutlich die Kohlenstoff- und Sauerstoff-Ionen mitreißt und aus der Venusatmosphäre schleudert.

An Bord von BepiColombo

Die Doppelraumsonde BepiColombo ist eine Kooperation zwischen der Europäischen Weltraumorganisation ESA und der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA. Das Institut für Weltraumforschung der ÖAW ist unter anderem an den Magnetfeldmessgeräten auf beiden Raumsonden – Mio (Magnetosphärischer Orbiter) und MPO (Planetarer Orbiter) beteiligt. Finanziert wurden die Beiträge von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG.

„Es ist schön, dass die jahrelange und intensive Arbeit an unseren Magnetometern schon erste Früchte trägt, bevor BepiColombo überhaupt am Ziel angekommen ist. Gemeinsam mit den Wissenschaftler:innen am Institut bin ich schon sehr gespannt, was die Instrumente über die Magnetosphäre des Planeten Merkur und sein Inneres herausfinden werden“, so David Fischer.

„Diese Messungen von BepiColombo während des Venusvorbeiflugs werden es unseren Wissenschaftler:innen ermöglichen, mehr über die Prozesse zu erfahren, die die Entwicklung von Planetenatmosphären, ihrer Magnetosphäre und ihre Wechselwirkung mit dem Sonnenwind steuern – sowohl in unserem Sonnensystem als auch in extrasolaren Systemen, deren Untersuchung sich mehrere Forschungsgruppen am Institut widmen“, zeigt sich Christiane Helling, Direktorin des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW, erfreut.

Why space research matters

Die Doppelraumsonde BepiColombo wurde am 20. Oktober 2018 gestartet und befindet sich auf einer siebenjährigen Reise zum kleinsten und am wenigsten erforschten terrestrischen Planeten in unserem Sonnensystem. Wenn sie Ende 2025 beim Merkur ankommt, werden die Hightech-Instrumente an Bord trotz Temperaturen von über 350 °C mindestens ein Jahr lang hochgenaue Daten sammeln, auf die man auf der Erde schon sehnlich wartet.

Merkur ist der einzige Planet im Sonnensystem, der wie die Erde eine feste Oberfläche hat und mit dem flüssigen Kern in seinem Inneren ein Magnetfeld erzeugt. Dieses Magnetfeld und seine Beeinflussung durch den Sonnenwind wird mit den Messgeräten der beiden BepiColombo-Satelliten präzise vermessen, um so den inneren Aufbau des Merkurs zu untersuchen, Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit dem Erdkern zu erforschen und dadurch die innere Struktur unseres Heimatplaneten Erde besser zu verstehen.

 

Auf einen Blick

Publikation

"BepiColombo observations of cold oxygen and carbon ions in the flank of the induced magnetosphere of Venus", L. Hadid et al., Nature Astronomy, 2024.
DOI: 10.1038/s41550-024-02247-2
 

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